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Die Anti-Matsch-Tomate ____________________________

   

Die Tomate eröffnete den Reigen der gentechnisch veränderten Pflanzen. Im Mai 1994 wurde in den USA die Flavr-Savr-Tomate der Firma Calgene/Mansanto zugelassen. Ziel bei dieser Tomate war, dass sie länger fest bleiben soll und entsprechend erst ausgereift gepflückt werden kann ohne auf dem Transport bereits Schaden zu nehmen.

Tomaten verdanken Ihre Festigkeit dem Pektin. Das Eiweiss oder Enzym Polyga lacturonase baut Pektin ab und die Tomate wird matschig. Die Firma Calgene hat nun einerseits dieses Enzym gehemmt, andererseits genau dieses Enzym verkehrt herum ins Erbgut eingeschleust.(Anti-Sense Technik.) Als Folge blockieren sich das Pflanzeneigene und sein eingeschleustes Spiegelbild gegenseitig. Das Enzym Polyga lacturonase wird gar nicht oder nur in geringer Menge produziert, das Pektin nicht abgebaut und die Tomate wird nicht matschig. Optisch lässt sich diese jetzt zwar viel länger verkaufen und aufbewahren, aber Inhaltstoffe und Vitamine verlieren sich trotzdem nach ein paar Tagen. Dementsprechend wurde bereits die Forderung nach Ernte- oder Mindesthaltbarkeitsdatum laut.

Im Nov.1994 wurden in den USA drei weitere, länger haltbare Tomaten Sorten freigegeben, bei denen mittels Gentechnik der Reifungsprozess verzögert wird. Dafür wurde das Reifungshormon Ethylen ausgeschalten. Nun werden diese Tomaten unreif geerntet und je nach belieben von aussen durch künstliche Begasung mit Ethylen noch rot und reif gemacht.

Natürlich lässt sich die Tomate noch anders "optimieren". Bei einer ähnlichen Sorte wie der Flavr-Savr-Tomate wurde der Wassergehalt gesenkt und der Pektingehalt erhöht. Aus diesen lässt sich, dank niedriger Energiekosten, viel billiger Tomatenmark herstellen. Seit 1996 werden in Kalifornien solch Pflanzen zur reinen Weiterverarbeitung angepflanzt, und gelangen als Tomatenpüree in Grossbritannien bei "Sainsbury" und "Safeway" in die Regale.

 

____ Der Anbau _______________________________________

 In der Schweiz wurde mit dem grossflächigen Anbau erst nach dem 2. Weltkrieg begonnen. Vor ein paar Jahren war das Angebot an Tomaten ziemlich langweilig. Bei der Sortenwahl waren Ertrag, Aussehen und Haltbarkeit wichtiger als Aroma. Von Zynikern wurden diese Tomaten bereits als vierten Aggregatszustand des Wassers betitelt. Der Verbrauch stagnierte Anfang der Neunzigerjahre. Als jedoch wieder aromatischere Früchte auf den Markt kamen und gleichzeitig die Rispentomate in den Läden auftauchte stieg der Konsum wieder an.

Mit weltweit jährlich 90 Millionen Tonnen ist die Tomate eine der wichtigsten Gemüsearten. Die Schweizer essen 70 000 Tonnen Tomaten pro Jahr, das macht 10 kg pro Kopf. Davon werden 59 % importiert. Im Jahre 99 wurden in der Schweiz 223 Hektaren mit Tomaten bepflanzt, 82 % davon im Gewächshaus. Ein Viertel der gesamten Gewächshaus Gemüsefläche nehmen die Tomaten für sich in Anspruch.

Beim Stichwort Gewächshaus ist natürlich oder eben "unnatürlich", auch Hors-Sol ein Thema.

 Hors-Sol 

Die Technik, Gemüse erdelos zu produzieren, wurde Ende der achtziger Jahre in Belgien und den Niederlanden entwickelt. Die Pflanzenwurzeln stecken in einem Folienbeutel oder einem dunkeln Rohr, und werden von Nährstofflösung durchspült. Im Idealfall wird die überflüssige Nährstofflösung aufgefangen. Nach einer Behandlung mit UV-Licht und Neueinstellung der Nährstoffe wird sie wieder zum Bewässern verwendet. Da es sich um ein geschlossenes System handelt wird der Untergrund nicht mit Düngeresten belastet. Der Aufwand bei dieser Anbaumethode ist sehr gross. Es können aber um 25 bis 40 % höhere Erträge erzielt werden. Auch in der Schweiz gibt es immer mehr solche Anlagen. Im Vergleich zum herkömmlichen Gewächshaus-Anbau kann so 2 Monate, im Vergleich zu Freiland-Tomaten sogar 3 Monate früher geerntet werden.

 

                                               Tomaten selbst anbauen

Bei obigen Anbau und Verbraucherstatistiken nicht mitgezählt sind die zahlreichen Balkon- und Gartentomaten. Und ich denke es gibt nicht viele tomatenlosen Gärten. Die Auswahl an Samen und Jungpflanzen in den Gartencentern wird jedes Jahr etwas grösser. Ich beziehe meine Jungpflanzen bei einem Biogärtner, der eine vielfältige und interessante Auswahl an Sorten anbietet Diesen Sommer wachsen bei mir auf der Terrasse je eine rote, gelbe und grüne Sorte sowie eine Cherrytomate, eine peruanische Wildtomate, und eine Kartoffeltomate. Letztere hat Blätter die mehr der Kartoffel- als der Tomatenstaude ähneln. Wer gerne etwas speziellere Tomaten möchte, kann sowohl Samen als auch Jungpflanzen, bei Pro Specie Rara beziehen. Diese Vereinigung hat sich zum Ziel gemacht alte Kulturpflanzen zu erhaltenen. Sie haben mehrere über 100 jährige Sorten im Angebot. Zum Beispiel "Green Zebra" eine grün-orange gestreifte Tomate. Oder "Golden Queen" eine um 1882 entstandene goldgelbe Tomate.

Der Biologielehrer und Tomatenfan Andreas Sprecher vertreibt ebenfalls Samen. Ungefähr 50 verschiedene Sorten bietet er an, darunter so spezielle wie z.B. „Angora“ deren Blätter und Früchte leicht behaart sind. Oder „Prinz“ eine schwarz-rote Tomate russischer Herkunft.

Falls sie auch schon Tomaten selbst aussäten, kennen sie wahrscheinlich das Hauptproblem, genügend Abnehmer der vielen, vielen Pflänzchen zu finden. Beim Erstenmal jedenfalls geht’s fast allen so.

Ansonsten ist die Aussaat im März problemlos, solange die Erde regelmässig feucht aber nicht nass ist. Mit 6-8 cm Höhe kriegt jedes Pflänzchen einen eigenen Topf. Sobald das Wetter stabil bleibt, ab ungefähr Mitte Mai, werden die Pflanzen im Garten oder in mindestens 10 l Töpfe ins Freie ausgepflanzt. Andreas Sprechers Tip beim Pflanzen: Jungpflanzen flachlegen, darauf achten, dass die Wurzeln in die sonnigste Richtung schauen und mit Erde bedecken. Das Grünzeug richtet sich in wenigen Tagen auf und die Wurzeln sind optimal besonnt und kräftig.

Tomaten lieben Sonne und nasse Füsse, die Blätter jedoch sollten trocken bleiben. Es gibt ein paar einzelne Sorten denen der Regen nichts ausmacht. Oben erwähnte Peru-, und Kartoffeltomate gehören dazu.

An Pflege verlangt die Tomatenstaude häufiges Giessen und frühes, regelmässiges  aufbinden und ausgeizen. Der sogenannte Geiztrieb ist jener zwischen Hauptstengel und Seitentrieb. Er wird am Besten Abends ausgebrochen weil dann die Pflanze am beweglichsten ist.

Auch auf dem kleinsten Balkon sind Tomaten problemlos zu halten. Und wer die reifen, roten, gelben oder grünen Früchte ernten und geniessen darf, dem schenken sie Genuss, Abwehrkräfte, gute Laune und innere Sonne.

Und vielleicht werden sich auch meine zwei, bald drei, Kinder einmal gerne an meine herrlich, aromatischen Tomaten erinnern.

 

 

 

 

 

 

 

 

____ Rezepte _________________________________________

 

Tomaten-Peperoni-Salat aus dem Balkan

 

5 Tomaten                               häuten und in dünne Streifen schneiden

5 Peperoni                               im Backofen bei 250 Grad backen, bis sich die Haut dunkel verfärbt und Blasen bildet. Die Peperoni schälen, entkernen und in feine Streifen schneiden.

1 Zwiebel                                ebenfalls in feine Streifen schneiden

1 Bund Petersilie                      fein hacken

Salz, Pfeffer aus der Mühle

Öl, Zitronensaft                        Alle Salatzutaten mischen, würzen, Reichlich Öl und etwas Zitronensaft darüber giessen.

 Joghurt-Tomaten-Suppe

 1 kg Tomaten                          waschen und würfeln

1 Zwiebel                                grob hacken

1 Knoblauchzehe                     fein schneiden, mit den Tomaten und Zwiebeln zusammen pürieren

500 g Naturjoghurt

2 EL Zitronensaft                     daruntermischen

Kräutersalz, Paprika

Pfeffer, 1Prise Zucker              würzen

Petersilie, Basilikum                 fein hacken und untermischen, ein paar Kräuter vor dem Servieren über die Suppe streuen.

Tomaten-Auberginen-Kartoffel-Gratin

 3 Kartoffel                               in der Schale garen, auskühlen lassen, in 1 cm dicke Scheiben schneiden

1 Aubergine                             in 1/2 cm dicke Scheiben schneiden, auf ein Backblech auslegen und bei 200°  5-10 Minuten backen

3 Tomaten                              

250 g Mozzarella                     beides in Scheiben schneiden

2 grosse Zwiebeln                    in Ringe schneiden und im

Olivenöl                                   Olivenöl dünsten

2 Knoblauchzehen                   dazupressen

Origano, Pfeffer                       würzen, die Zwiebeln in eine grosse Auflaufform geben. Auf dieses Zwiebelbett abwechslungsweise Kartoffeln, Tomaten, Mozzarella und Auberginen ziegelartig, dicht einschichten.

Pfeffer aus der Mühle

Kräutersalz, Origano                kräftig würzen

Parmesan                                 den Auflauf grosszügig bestreuen und im Ofen bei 170°
während 55 Minuten überbacken.

 

Tourin

8 grosse, reife

   Fleischtomaten                      in grosse Schnitze schneiden

2 grosse Zwiebeln                   

4 Knoblauchzehen                   fein schneiden

4 Eier

3-4 EL Rotwein

1 EL Tomatenpüree

Salz, Pfeffer aus der Mühle       gut verquirlen

Olivenöl                                   erhitzen, Zwiebeln und Knoblauch andünsten, Tomaten dazugeben, würzen und 5 Minuten zugedeckt weich dämpfen, Deckel abheben und den Gemüsesaft etwas einkochen lassen.

                                               Die Eimasse darüber giessen, stocken lassen, umrühren und fertig! Zusammen mit einem knusprigen Baguette sofort servieren.

Tomaten-Ketchup

 

1 kg Tomaten                          in Viertel schneiden

150 g Zwiebeln                        klein schneiden

2 Knoblauchzehen                   zerdrücken

2 Äpfel                                    mit der Röstiraffel reiben, alles zusammen weichkochen, danach das Mus mixen und durch ein Sieb streichen.

1 dl Obstessig

2 EL Zucker

1 TL Salz

Oregano,Rosmarin

Thymian

1 Msp Cayennepfeffer

1/2 TL Paprika                        vermischen und erhitzen bis sich der Zucker gelöst hat.

                                               Tomatenmus beigeben, bei schwacher Hitze im offenen Topf dickflüssig einkochen lassen. Kochend heiss in vorgewärmte Gläser oder Flaschen füllen und luftdicht verschliessen.

 

____ Quellennachweis __________________________________

 

Angaben zu Inhaltstoffen, Gentechnik und die Herkunft des Ketchups sind aus dem Buch:

·        Die neu entdeckte Vitalkraft aus der Tomate
Dr. Helga Buchter-Weisbrodt und Helge Franceschetti, TRIAS Verlag Stuttgart 1999

Informationen zu Anbau und Sortenvielfalt erhielt ich von der

·        Eidg. Forschungsanstalt in Wädenswil, und

·        Schweizerische Gemüse-Union in Ins

und vom Bio-Gemüse Gartenzwerg, Beat von Wyl in Kägiswil

Rezepte

Der Tomaten-Peperoni-Salat und Tourin sind aus:

·        Tomaten, Die besten Rezepte, Julie Landis-Sager, AT Verlag Aarau 2000

 

Die Joghurt-Tomaten-Suppe ist aus oben erwähntem Buch:

·        Die neu entdeckte Vitalkraft aus der Tomate

 

Das Ketchup Rezept erhielt ich von einer Bekannten, diese erhielt es ebenfalls von einer

Bekannten, welche es von einer Bekannten......etc....etc.

 

Adressen

Für Bestellungen oder Beratung in Pflanzenfragen:

Pro Specie Rara, Sortenzentrale, Pfrundweg 14, 5000 Aarau

Geschäftsstelle und Sekretariat:

Pro Specie Rara, Engelgasse 12a, 9000 St.Gallen

E-Mail sekretariat psrara.org

 

Die Tomatensamen von Andreas Sprecher können bezogen werden bei:

BIOTERRA, Archweg 34, 4226 Breitenbach

 

Bildnachweis

Vorwort        „Sugo kochen“, aus dem Nestlé Buch: 2Millionen Jahre Nahrungsmittelindustrie.

Anbau:          „Jungpflanzen“, aus oben erwähntem Buch, Die neu entdeckte Vitalkraft aus der Tomate.

Alle anderen Bilder:   Antoinette Röthlin-Zumstein